Bei der PEO wird das zu behandelnde Werkstück in einer wässrigen Lösung als alternierende Anode geschaltet. Sofern der Elektrolyt gegenüber dem Substrat passivierend wirkt, also die Ausbildung von elektrisch isolierenden Reaktionsschichten verursacht, führt dies zur einem stark lokalisierten Potenzialabfall nahe der Bauteiloberfläche. Dieser ist eine Voraussetzung für die Initiierung von plasmaelektrolytischen Funkenentladungen, die ausgehend vom Elektrolyten in das Substrat schlagen und dessen äußere Bereiche durch fortwährende Oxidbildungs- sowie Auf- und Umschmelzprozesse in eine keramische Schutzschicht umwandeln. Dadurch lassen sich beispielsweise kristalline Al2O3-Überzüge auf Aluminiumlegierungen erzeugen. In dieser Verfahrensvariante ist die plasmaelektrolytische Oxidation eindeutig den Konversionsprozessen zuzuordnen.
Bei der PEO von niedriglegierten Stählen führt dies jedoch vor allem zur Bildung von Oberflächen aus chemisch und tribologisch wenig beständigen Fe-Verbindungen. Zusätzlich erfordert der Prozess auf Eisenbasiswerkstoffen oftmals extrem hohe Stromdichten, was vermutlich im unzureichenden Passivierungsverhalten der verwendeten Wirkmedien begründet liegt.
An der TU Chemnitz wurde eine Vorgehensweise entwickelt, die es erlaubt, anhand geringer Versuchsvolumina den Einfluss einzelner Elektrolytkomponenten auf das Passivierungs-vermögen gegenüber einem bestimmten Substratwerkstoff vergleichend zu quantifizieren. Die Methode basiert auf Polarisationsversuchen und wurde erfolgreich genutzt, um einen Elektrolyten zu formulieren, der grundsätzlich die Direktkeramisierung von C8C-Stahl mittels PEO bei moderaten Stromdichten ermöglicht. Diese Konversionsschichten (Abbildung 1, unten) bestehen aus reinem Aluminiumoxid, weisen einen sehr hohen Korundanteil auf und verfügen bereits nach 37 Minuten Prozesszeit über eine Dicke von etwa 60 µm. Allerdings werden die technologischen Eigenschaften dieser Al2O3-Überzüge derzeit noch durch mangelnde Substratanbindung limitiert.
Durch Verwendung eines umfassenden Prozessdiagnostiksystems ist es möglich, die charakteristischen PEO-Vorgänge in situ zu erfassen und auszuwerten (Abbildung 1, oben). Durch Videoaufnahmen lässt sich die Entladungsverteilung in verschiedenen Prozessstadien bestimmen. Zusätzlich erlaubt der Zusammenhang von Stromdichte i und Prozessspannung U in Korrelation mit der Spannung einer vor der Probe positionierten Fotodiode Uφ einen experimentellen Zugang zu verschiedenen elektrochemischen Subprozessen vor und nach der Entladungsinitiierung.
Aus den bereits erzielten Erkenntnissen ist zu erwarten, dass die PEO vermehrt als Oberflächenbehandlungsverfahren zur Keramisierung verschiedener metallischer Werkstoffe und Werkstoffverbünde in die Anwendung gelangt. Mit der erreichbaren großen Schichtdicke sowie dem guten geometrischen Umgriffvermögen lässt sich eine technologische Lücke zwischen den klassischen Anwendungsbereichen von Gasphasenprozessen und Thermischem Spritzen schließen.
Die Autoren bedanken sich bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für die Förderung der vorgestellten Arbeiten im Rahmen des Projektes LA 1274/46-1. Ausführlichen Darstellung der vorgestellten Untersuchungen in der WoMag (Ausgabe 2021/05).
Kontakt:
Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. Thomas Lampke
Frank Simchen, M.Sc.
Frank.Simchen@mb.tu-chemnitz.de
Professur Werkstoff- und Oberflächentechnik
Technische Universität Chemnitz
www.tu-chemnitz.de/mb/WOT
Zur Person
Frank Simchen
ist seit 2015 als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur Werkstoff- und Oberflächentechnik der TU Chemnitz tätig. Gegenwärtig betreut er Forschungsprojekte zur PEO von leichtmetallbasierten Werkstoffverbünden sowie zur PEO-Prozessdiagnostik. Sein Promotionsthema ist die plasmaelektrolytische Oxidation von Mg-Werkstoffen.