TU Chemnitz: Entwicklung von Prozessroutinen beim Laserhärten hochlegierter Stähle

Dünnwandige Bauteile, wie Schlag- oder Kuttermesser der fleischverarbeitenden Industrie, sind oftmals mechanisch hochbelastet. Durch Verwendung von hochlegierten härtbaren Werkzeugstählen in Kombination mit dem innovativen Wärmebehandlungsverfahren Laserstrahlhärten sollen die hohen Anforderungen an die Festigkeit, Schneidleistung, Zähigkeit und Bruchsicherheit sowie hohe Standzeiten ermöglicht werden. Durch systematische Untersuchungen der Mikrostruktur und Härte der laserstrahlgehärteten hochlegierten Werkzeugstähle konnte ein Prozess-Werkstoff-Modell entwickelt werden, das die Laserstrahlbehandlung und die verwendeten Werkstoffe ganzheitlich betrachtet und es ermöglicht, die Prozessparameter bei der Laserstrahlhärtung zu optimieren. Somit wird das komplexe Eigenschaftsprofil auch für kompliziert geformte Bauteile vorhersagbar und nutzbar. Pierre Landgraf stellt die Untersuchung vor.

Abb. 1: Vergleich ausgewählter experimenteller und berechneter Vickers-Härtetiefenverläufe entlang des Probenquerschnitts am Beispiel eines laserstrahlgehärteten hochlegierten Werkzeugstahles

Das Laserstrahlhärten ist eine auf die Randschicht beschränkte thermische Behandlung und erlaubt es, gezielt wärmebehandelte Verstärkungsstrukturen in ein Bauteil einzubringen. Ziel der Laserstrahlhärtung ist eine maximale Härte bei gleichzeitig hoher Einhärtetiefe. Das Verfahren ist dabei flexibel, zeit- und energieeffizient einsetzbar. Zu beachten ist, dass bei der Laserstrahlhärtung lokal unterschiedliche Temperaturen und Temperaturgradienten in Abhängigkeit der gewählten Laserparameter (zum Beispiel Laserleistung und Vorschub) auftreten. Die entstehende Mikrostruktur und die Eigenschaften werden dadurch direkt beeinflusst. Siehe Abbildung 1

Neben der Abkühlung ist insbesondere bei hochlegierten Werkzeugstählen das Erwärmen und Austenitisieren von großem Interesse. Bei hochlegierten Werkzeugstählen nimmt mit steigender Temperatur der Gehalt an gelösten Legierungselementen im Austenit zu. Das führt dazu, dass bei hoher Austenitisierungstemperatur nach dem Abkühlen Restaustenit vorliegt. Dieser beeinflusst die Härte negativ. Zudem wird durch die Laserstrahlhärtung auch das Korrosionsverhalten beeinflusst. Durch Variation der Prozessparameter Laserleistung und somit der an der Oberfläche vorliegenden Temperaturen sowie des Vorschubes des Lasers beim Laserstrahlhärten wurden Proben aus hochlegierten Werkzeugstählen behandelt. Durch systematische Untersuchungen der Vickershärte und der Mikrostrukturen mittels Röntgenbeugung, Licht- und Rasterelektronen-mikroskopie konnten die metallphysikalischen Zusammenhänge bei der Laserstrahlhärtung von hochlegierten Werkzeugstählen analysiert werden. So muss neben der Temperaturentwicklung zusätzlich die Gefüge- und Eigen-schaftsentwicklung beschrieben werden. Durch Einsatz der Finiten-Elemente-Methode und der Entwicklung eines Vorhersagemodells konnte der Heterogenität und Komplexität des Laserstrahlhärtens begegnet werden. Dazu wurden verschiedene Modelle eingesetzt, die die wesentlichen metallkundlichen Vorgänge erfassen, um die komplexen metall-physikalischen Prozesse bei der Laserstrahlhärtung abzubilden und somit die Entwicklung der Mikrostruktur mit guter Genauigkeit vorher-zusagen und für Anwendungen nutzbar zu machen.

Siehe Abbildung 2

Dies bedingt eine ganzheitliche Betrachtung der Werkstoffevolution bei der Laserstrahlbehandlung, das heißt, es ist erforderlich, die Werkstoff- und Prozess-Simulation zu koppeln. Das entwickelte Vorhersagetool erlaubt die Berücksichtigung der chemischen Zusammensetzung des hochlegierten Stahles und stellt den Einfluss der Austenitisierungstemperaturen auf die Mikrostruktur und das lokale Härteergebnis beim Laserstrahlhärten dar. Dadurch können Laserstrahlbehandlungen ausgelegt und zielgerichtet eingesetzt werden. Eine Übertragung der entwickelten Methoden auf andere Stähle und Randschichtbehandlungsprozesse ist möglich.

Die Autoren bedanken sich für die Zusammenarbeit im Rahmen des ZIM Projektes ZF4131906RU9 „Entwicklung von Prozessroutinen beim Laserhärten hochlegierter Werkstoffe“ bei der AiF und allen beteiligten Firmen.

Kontakt

Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. Thomas Lampke
Dr.-Ing. Pierre Landgraf,
pierre.landgraf@mb.tu-chemnitz.de
Professur Werkstoff- und Oberflächentechnik
Technische Universität Chemnitz
www.tu-chemnitz.de/mb/WOT

Zur Person

Pierre Landgraf ist seit 2010 als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur Werkstoff- und Oberflächentechnik tätig. Seine Aufgaben umfassen die numerische Simulation von Gefügeentwicklungen bei der thermischen und/oder thermomechanischen Behandlung von Stählen. Dabei werden die Einflüsse der Prozessführung (zum Beispiel Temperaturverläufe) auf die Mikrostruktur der Stähle mittels FE-Simulation abgebildet.