TU Chemnitz: Verfahrenskombination zur Randschichthärtung von IN718-Schichtsystemen

Nickel-Basis-Superlegierungen sind Hochleistungswerkstoffe mit einem einzigartigen Eigenschaftsprofil. Die hohen Werkstoffkosten rechtfertigen ihren Einsatz nur dort, wo alternative Konzepte keine ausreichende Lebensdauer oder Schutzwirkung bieten. Beschichtungstechnologien ermöglichen eine wirtschaftliche Alternative zur monolithischen Bauweise. Thermisches Spritzen und Laserauftragschweißen sind hierfür besonders geeignet. Aufgrund ihrer duktilen Matrix sind Nickel-Basis-Superlegierungen anfällig bei tribologischer Beanspruchung. In der vorliegenden Studie wurde das Konzept einer Verfahrenskombination zur Randschichthärtung von Inconel 718 Schichtsystemen untersucht. Sie basiert auf der 2021 erfolgreich an der TU Chemnitz absolvierten Bachelorarbeit von Niclas Harnisch.

Abb. 1: Rasterelektronenmikroskopische Querschliffaufnahmen von IN718 Schichtsystemen im Rückstreuelektronenkontrast nach dem Borieren für a) HVOF und b) LMD

Für die Umsetzung einer Schichtverbundausführung ist die Auswahl und Entwicklung geeigneter Beschichtungs- und darauf abgestimmter Randschichtbehandlungskonzepte notwendig. Bei den Untersuchungen wurden mit dem Hochgeschwindigkeitsflammspitzen (HVOF) und Laserauftragschweißen (LMD) zwei Beschichtungsverfahren gewählt, die sich hinsichtlich des strukturellen Aufbaus sowie der Haftung der Schichtsysteme grundsätzlich unterscheiden. Ursächlich hierfür ist der unterschiedliche Energieeintrag in den pulverförmigen Zusatzwerkstoff. Für beide Verfahren wurde gasverdüstes IN718-Pulver in einem Korngrößenbereich -45 +16 µm verwendet. Während die LMD-Schichten durch einen homogenen Aufbau mit metallurgischer Substratanbindung gekennzeichnet sind, ist bei HVOF-Schichten eine Häufungsstruktur aus Einzelpartikeln, deren Haftung im Wesentlichen auf mechanischer Verklammerung beruht, charakteristisch. Die mittlere Schichtdicke der LMD-Schichten lag bei 500 µm und war etwa doppelt so groß wie die HVOF Vergleichsschichten mit durchschnittlich 270 µm. Beide Schichtsysteme weisen bei Röntgenfluoreszenzmessungen eine sehr gute Übereinstimmung zur chemischen Zusammensetzung des Ausgangswerkstoffes auf. Die Randschichthärtung durch Pulver-Pack-Borieren erfolgte nach der mechanischen Oberflächenbearbeitung bei 900 °C unter Schutzgasatmosphäre. Dabei wurde ein siliziumfreies Behandlungsmedium gewählt, um eine für Nickelbasislegierungen typische Silizierung zu vermeiden. Bei beiden Schichtsystemen bildet sich eine rissfreie Diffusionsrandschicht mit homogener Tiefenausprägung aus. Die im Rückstreuelektronenkontrast aufgenommenen Querschliffaufnahmen sind in Abbildung 1 dargestellt. Die Kontrastierung des Randschichtbereiches ist auf die Elementanreicherung mit Bor zurückzuführen. Weiterführende Tiefenprofilanalysen mittels Glimmentladungsspektroskopie konnten eine gradierte Elementverteilung innerhalb des Randschichtbereiches nachweisen. Die hohen qualitativen Werte für Nickel und Bor im unmittelbaren Oberflächenbereich zeigen eine gute Korrelation zum röntgendiffraktometrisch ermittelten zweiphasigen Schichtaufbau bestehend aus den Phasen Ni2B und FeB. Gleichzeitig konnten siliziumhaltige Ausscheidungen ausgeschlossen werden. Durch die Ausscheidungsbildung wird eine signifikante Steigerung der Randschichthärte von rund 400 HV auf bis zu 2100 HV erreicht.

Die tribologischen Oberflächeneigenschaften wurden in weiterführenden Gleit- und Schwingverschleißtests untersucht. Im Vergleich zum unbehandelten Ausgangszustand verbessert die Randschichthärtung die Verschleißbeständigkeit für beide Verschleißbedingungen erheblich. Im Ball-on-Disk-Test bietet die borierte Randschicht bei den LMD Schichten einen nahezu vollständigen Schutz. Auch der Schwingversuch bestätigt eine signifikante Verbesserung. Zusätzliche Hochtemperaturverschleißtests wiesen die herausragenden Schutzeigenschaften auch für Beanspruchungstemperaturen bis 900 °C nach.

Die bisherigen Untersuchungen zeigen ein vielversprechendes Potenzial für die durchgeführte Verfahrenskombination. Die Integration einer Randschichthärtung in die Fertigungskette von Beschichtungsprozessen kann einen Beitrag zur funktionsgerechten Gestaltung der Oberfläche liefern. Eine ausführliche Darstellung der in diesem Artikel vorgestellten Untersuchungen wurde in einem Konferenzbeitrag zum Werkstofftechnischen Kolloquium 2021 sowie einem Artikel beim Journal Applied Sciences veröffentlicht:

High-temperature wear behaviour of borided Inconel 718 HVOF coatings

Boriding of Laser-Clad Inconel 718 Coatings for Enhanced Wear Resistance

 

Zur Person

Niclas Hanisch hat 2021 erfolgreich seine Bacholorarbeit zum Thema „Verfahrenskombination zur Randschichthärtung thermisch gespritzter Nickelbasis-Schichten“ an der Technischen Universität Chemnitz abgeschlossen.

Kontakt

Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. Thomas Lampke
Dr.-Ing.Thomas Lindner
Niclas Hanisch
Niclas.hanisch@s2017.tu-chemnitz.de
Professur Werkstoff-und Oberflächentechnik
Technische Universität Chemnitz
www.tu-chemnitz.de/mb/WOT