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TU Ilmenau: Wasserstoffbildung bei der elektrolytischen Verzinkung online verfolgen

Die elektrolytische Bandverzinkung von Stahl stellt einen wichtigen Prozess der Oberflächentechnik für den automobilen Karosseriebau dar. Mit Stahlsorten in höheren Festigkeitsklassen für Leichtbauanwendungen rückt zunehmend das Thema der wasserstoffinduzierten Rissbildung in das Blickfeld. Elektrochemische Metho­den helfen dabei, die zugrunde liegenden Mecha­nismen besser zu verstehen und Produktions­prozesse zu opti­mieren. Nachfolgende Ausführungen beruhen auf der Masterarbeit von Jeanette Menye Bimona, TU Ilmenau.

Potentiostatische (–0,85 V vs. SHE) Stromtransienten der elektrolytischen Abscheidung von Zink auf Eisen auf einer Quarzkristall-Mikrowaage (blau: Gesamtstromdichte, schwarz: Anteil Wasserstoffbildung, orange: Anteil Zinkabscheidung)

Elektrolytisch verzinktes Stahlband wird unter anderem im automobilen Karosseriebau eingesetzt. Aufgrund seiner hervorragenden Oberflächenqualität wird es hier häufig in Form von Sichtteilen, der so genannten Außenhaut, verbaut. Im Gegensatz zu vielen galvanisch beschichteten Produkten stellt das verzinkte Stahlband lediglich ein Halbzeug dar, das bis zum fertigen Bauteil Schneid- und Umformoperationen, Füge­verfahren sowie Oberflächenbehandlungen und weiteren Beschichtungen unterliegen kann.

Die elektrolytische Bandverzinkung ist ein kontinuierlich ablaufender Prozess. Dabei durchläuft das Stahlband mit Bandbreiten von bis zu zwei Metern und Banddicken von 0,4 bis zu drei Millimetern eine Vorbehandlung inklusive alkalischer Reinigung und Dekapierung. Um die ge­wünschten Schichtauflagen von bis zu zehn Mikrometern pro Bandseite bei Bandgeschwindigkeiten von bis zu 180 Metern pro Minute zu erreichen, wird das Stahlband durch eine Vielzahl hintereinander geschalteter Ver­zinkungszellen geführt. In jeder dieser Zellen wird ein Teil der gesamten Zinkschicht aufgebracht. Dabei kommen mitunter Stromdichten von über 100 A/dm² zur Anwend­ung. In der sich dem Galvanikteil an­schließ­enden Nachbehandlung können im selben Anlagen­durchlauf je nach Kundenwunsch Phosphatierung, Passivierung und Beölung aufgetragen werden.

Getrieben durch den automobilen Leichtbau erlangen höher- und höchstfeste Stahlsorten zunehmend an Bedeutung. In hohen Festigkeitsklassen ist das Thema der was­serstoffindu­zierten Rissbildung bei Beschichtungs­prozes­sen stets im Auge zu behalten. Obgleich bei der elektro­lytischen Bandverzinkung stark­saure Elektrolyte mit sehr hohen Stromausbeuten zum Einsatz kommen, ist es wichtig, die ablaufenden Prozesse gut zu verstehen, um durch effektive Maßnahmen eine fertigungsbedingte Wasserstoffversprödung sicher verhindern zu können.

Im Rahmen der Untersuchungen wurde die elektro­lytische Zink­abscheidung auf einer Quarzkristall-Mikrowaage durchgeführt. Damit war es möglich, mit sehr hoher Präzision die Massenzunahme während der Abscheidung online zu verfolgen. Um ein geeignetes Modellsystem zu schaffen, wurde die Quarzkristall-Mikrowaage zuvor elektrolytisch mit Eisen beschichtet. Aus den Kenntnissen der Massenzunahme während der Zinkabscheidung und der geflossenen Ladungsmenge kann der Anteil der Wasserstoffbildung mit hoher Zeitauflösung bestimmt werden. Die Wasserstoff­entwicklung ist in den frühen Stadien der Abscheidung sehr stark und erreicht nach einigen Sekunden einen konstanten Wert (Abbildung 1). Mit Kenntnis dieser Kinetik als Funktion der Prozessparameter kann die Zinkabscheidung hinsichtlich einer minimalen Wasserstoffentwicklung optimiert und das Risiko einer Wasserstoffaufnahme im Substrat reduziert werden.

Die Arbeiten erfolgten in einer Industriekooperation in enger Zusammenarbeit mit der Salzgitter Mannesmann Forschung GmbH, der Konzernforschung der Salzgitter AG. Die Salzgitter AG produziert und verarbeitet in Deutschland jährlich über sechs Millionen Tonnen Rohstahl.

Zur Person

Jeannette Menye Bimoa absolvierte erfolgreich an der TU Ilmenau ihr Bachelorstudium der Biotechnischen Chemie und nahm im Anschluss das Masterstudium „Elektrochemie und Galvanotechnik“ in Ilmenau auf. Im Rahmen ihrer Masterarbeit befasste sich die ZVO-Stipendiatin mit grundlegenden Themen der elektrolytischen Bandverzinkung.

Kontakt

Prof. Dr. Dr. h.c. Andreas Bund
Technische Universität Ilmenau
Fachgebiet Elektrochemie und Galvanotechnik
andreas.bund(at)tu-ilmenau.de

Dr. Marc Debeaux
Salzgitter Mannesmann Forschung GmbH
m.debeaux(at)sz.szmf.de