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Gut besuchte Vortragsveranstaltung in der BG Sachsen über Einflüsse auf die Zuverlässigkeit elektronischer Komponenten

Am 12.10.2023 begrüßten Marion Regal und die Zuhörerschaft Rainer Venz von der MacDermid Alpha Electronics Solutions als Referenten an der TU Chemnitz, Professur Werkstoff- und Oberflächentechnik. Die Teilnehmer zeigten sich höchst interessiert an seinem Vortrag über den Einfluss der Material-, Oberflächen- und Verfahrensauswahl auf die Zuverlässigkeit elektronischer Komponenten.

Die Zuhörer folgten Rainer Venz´Ausführungen mit großer Spannung

Rainer Venz war langjährig im Vorstand der DGO aktiv und ist seit 2022 Ehrenvorsitzender. Er ist stellvertretender Vorsitzender des ZVO und darüber hinaus vielen als ehemaliger Geschäftsführer der Coventya GmbH bekannt.

Venz berichtete zunächst über die kommenden Entwicklungen am Automobilmarkt, Stichwort Elektromobilität. Um die Entwicklung der batterieelektrischen Fahrzeuge (BEV) darzustellen, griff Venz auf die Fertigungsprognosen sehr bekannter Automobilhersteller bis 2030 zurück. Die Weichen für die zukünftigen Fertigungskapazitäten werden jetzt 7-10 Jahre zuvor gestellt. Es zeigt sich, dass die Plattformen der Verbrenner in Fertigungszahlen abnehmen und die Plattformen der batterieelektrischen Fahrzeuge stetig zunehmen. Als Beispiele können die Plattformen NK1 (BMW), MB.EA (Mercedes Benz), MQB2 und MQB3 (VW) herangezogen werden. VW beispielsweise plant, im Jahr 2030 eine Fertigungskapazität von ca. 1.8 Mio. Fahrzeugen zu erreichen. 2030 soll die Fertigungskapazität der namenhaften Hersteller die Kapazität chinesischer Hersteller übertreffen.

Die Fertigung batterieelektrischer Fahrzeuge in Kombination mit dem autonomen Fahren erfordert eine Vielzahl an elektronischen Bauteilen (Radar, Ultraschallsensoren, 100 bis 150 dezentrale Rechnereinheiten, LiDAR und ADAS). Diese Bauteile müssen robust gegen Temperaturschwankungen, Vibrationen und Feuchtigkeit ausgelegt sein. Die geplanten Finanzierungsrücklagen für Garantieleistungen der Hersteller nehmen im gleichen Grad zu wie die Zunahme verbauter elektronischer Komponenten in den Fahrzeugen.  2020 standen 50 % der Ausfälle für angeordnete Rückrufaktionen im Zusammenhang mit technischen Ausfällen von elektronischen Komponenten. Das heißt, die elektronischen Komponenten müssen in ihrer Funktionszuverlässigkeit optimiert und die Qualität gesteigert werden. Parallel steigen die Anfordernisse an Miniaturisierung und Gewichtsreduktion der Bauteile. Eine große Chance, neue Wege in der Oberflächentechnik zu gehen.  

Venz schätzt ein, dass der Bedarf an typischen Produkten der Oberflächentechnik abnehmen wird. Zum Beispiel aufgrund weniger verchromter Oberflächen im dekorativen Bereich von Fahrzeugen, beim Designwechsel von Verbrenner zu batterieelektrischen Fahrzeugen oder der fehlenden Notwendigkeit aufgrund des Wegfalls Verbrenner relevanter Bauteile, wie z. Bsp. Bremssättel versus Elektromotor. Ein weiterer Punkt ist der Fokus auf die Gewichtsreduzierung und die zunehmende Relevanz von Aluminium sowie Kunststoffbauteilen. Der Bedarf an beschichteten Verbindungselementen wird bleiben. Stark zunehmen wird der Bedarf an Beschichtungslösungen im Elektronikbereich, wie die Beschichtung elektrischer Steckkontakte oder von Leiterplatte. Für Galvanikbetriebe ist es eine sinnvolle Strategie, sich jetzt schrittweise auf den zukünftigen Bedarf auszurichten. 

Ein Beispiel für den Wandel ist die Technologie des Sinterns als Möglichkeit zur Bauteilherstellung und Etablierung elektrischer dauerhafter Verbindungen in Hauptwechselrichtern von batterieelektrischen Fahrzeugen. Diese Technologie ist notwendig, da bisherige Lotverbindungen die entsprechenden Temperaturen nicht überstehen und die Wärmeabführung nicht ausreichend ist. Zudem sind sie mit den Materialien SiC und GaN nicht kompatibel. Als Material kommt Silber mit seiner sehr guten elektrischen Leitfähigkeit und hohem Schmelzpunkt von 962 °C zum Einsatz. Diese hohen Temperaturen werden im Falle des Silberpulvermaterials nicht benötigt. Das Silberpulver besteht aus nanoskaligen Partikeln, die mit einer Umhüllung stabilisiert werden, um eine unmittelbare Reaktion (hohe Oberfläche, Diffusion) zu unterbinden. Beim Kunden wird diese Umhüllung bei moderaten Temperaturen (190…300 °C) entfernt und es kommt zur Ausbildung eines festen Formkörpers mit hervorragenden elektrischen und wärmeleitenden Eigenschaften. Um die Haftung des Silbers auf Materialien zu verbessern, kommen galvanische Prozesse wie die Vernickelung oder punktuelle Versilberung zum Einsatz.

Die DGO Bezirksgruppe Sachsen bedankt sich beim Referenten und den Teilnehmern für die lebhafte Diskussion und hofft, Rainer Venz auch in baldiger Zukunft wieder als Gast begrüßen zu dürfen.