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Was die Branche umtreibt – ein Blick des DGO-FA Forschung auf aktuelle Themen und Trends mit Bezug zur Galvano- und Oberflächentechnik

Zu den Hauptaufgaben des FA Forschung zählen u.a. vorwettbewerbliche Trendanalysen und Prognosen, die Ermittlung zukünftiger Bedarfe der Galvano- und Oberflächentechnik in Deutschland sowie die Bereitstellung jener Informationen für Industrie und Forschung. Dieser Aufgabe Rechnung tragend ordnet der nachfolgende Bericht einige Diskussionsthemen des FA Forschung zur letzten Sitzung vom 18. Januar in Gütersloh ein.

Der Antrieb der Zukunft

Die Mobilität in all ihren Formen (individuell/öffentlich, straßen-/schienengebunden) wird nach wie vor eine dominierende wirtschaftliche Bedeutung für die Oberflächentechnik in Deutschland haben. Für letztere heißt es, den Wandel in der Mobilität vorauszusehen und mitzugehen.

Es ist freilich schwierig vorherzusagen, welche Antriebsform sich in Deutschland langfristig durchsetzen wird, da dies von einer Vielzahl von Faktoren abhängt, darunter technologische Entwicklungen, politische Maßnahmen, wirtschaftliche Bedingungen und Verbraucherpräferenzen. Im FA Forschung besteht jedoch Konsens darüber, dass die Reduzierung von Treibhausgasemissionen und die Förderung von sauberer Mobilität im Zentrum aller zukünftigen Überlegungen und Entwicklungen stehen werden.

Die Marktdurchdringung von Elektrofahrzeugen steigt langsam, unterstützt durch staatliche Anreize, verbesserte Technologie und ein wachsendes Bewusstsein für Umweltfragen aber stetig. Hybridfahrzeuge stellen eine Übergangslösung dar, da sie die Vorteile von Verbrennungs- und Elektromotoren kombinieren und eine gewisse Flexibilität bieten. Wasserstoff als alternativer Antrieb gewinnt ebenfalls an Bedeutung, insbesondere im Nutzfahrzeugbereich und in bestimmten Industriezweigen. In Anbetracht hiesigen Knowhows bzgl. der Entwicklung von Verbrennungsmotoren bzw. der schwerpunktmäßig in Asien stattfindenden Wertschöpfung bei der Batteriefertigung hält der FA Forschung eine zunehmende Diversifikation der Antriebskonzepte in der Deutschen Lieferkette für denkbar, wonach auch E-Fuel- und H2-basierte Verbrenner sowie Brennstoffzellen eine stärkere Rolle spielen könnten. Ein stetiger Ausbau erneuerbarer Energien gilt als obligatorisch. Vor diesem Hintergrund birgt insbesondere der Blick in die USA gewisse Marktpotenziale für deutsche OEM´s, da alternative Antriebskonzepte dort bislang eine nur untergeordnete Rolle spielen. Trotz neuer Antriebe werden Korrosions- und Verschleißschutz aber weiterhin die bestimmenden Themen für die Oberflächentechnik im Automobilbau bleiben.

Erneuerbare Energien

Bei der Umstellung diverser Prozesse auf Klimaneutralität spielt die Wasserstoffwirtschaft mit den ihr eigenen Technologien eine entscheidende Rolle. Im weltweiten Vergleich gibt es hierbei in Deutschland, mit seiner spezifischen Industrielandschaft und vorhandenen (oder nicht vorhandenen) natürlichen Ressourcen eine besonders hohe Aktivität.

Für eine erfolgreiche Etablierung von Wasserstofftechnologien am Markt ist die Kostenfrage entscheidend. Galvanische Ni-Beschichtungen könnten bspw. dazu beitragen, Komponenten aus Edelstahl durch günstigere Stahlsorten zu ersetzen. Von der Industrie nachgefragt sind zudem diverse Forschungsthemen zur Herstellung von Bipolarplatten als Komponenten für Elektrolyseure. Die DGO unterstützt die Entwicklungen in diesem Bereich aktiv und wird die Kompetenzen der Branchen im Rahmen eigener Initiativen bündeln, um galvanotechnische Verfahren in möglichst vielen Bereichen der Wasserstoffwirtschaft zur Anwendung zu bringen.

Weitere Wachstumsmärkte ebenfalls für die Galvano- und Oberflächentechnik interessant

In der öffentlichen Diskussion sowie in der Forschungsförderung sind Mobilitäts- und Energiewende die bei weitem vorherrschenden Zukunftsthemen. Man sollte darüber hinaus nicht weitere Wachstumsmärkte wie Medizin- oder Wehrtechnik außer acht lassen. Forschung in diesen Bereichen findet allerdings, gerade wenn es um sehr spezifische High-Tech Anwendungen geht, selten öffentlich gefördert und vorwettbewerblich statt. Trotz der potentiell hohen Bedeutung für einzelne Mitgliedsunternehmen hat ein Industrieverband hier zunächst eine Beobachterrolle. Bei den weiteren Trendthemen Digitalisierung, KI und Prozeßoptimierung gibt es nach Einschätzung des FA Forschung eher Umsetzungs- als Forschungsbedarf.

Situation innerhalb öffentlicher Forschungsförderung

Viele Programme zur öffentlichen Forschungsförderung geraten angesichts der Einsparbemühungen des Bundes unter Druck. So sieht der Bundeshaushaltsentwurf für 2024 deutliche Einsparungen bei der Mittelstandsförderung vor. Für das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) bspw. sind im Jahr 2024 Mittel i. H. v. 627 Mio. € vorgesehen, was einer etwa 10 %-igen Kürzung entspricht (2023: 700 Mio. €). Für die Programme Industrielle Gemeinschaftsforschung (IGF) und INNO-COM steht in 2024 mit 249 Mio € ebenfalls ein um ca. 8 % geringeres Budget zur Verfügung.

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. November 2023, wonach die Umwidmung von Corona-Hilfen in den Klimatransformationsfond für unzulässig erklärt wurde, sowie die darauffolgenden Querelen um den Bundeshaushalt, führten aufgrund der unmittelbaren Auswirkungen zu großer Verunsicherung innerhalb der Forschungslandschaft. Einerseits sind nach wie vor starke Verzögerungen bei der Bewilligung und dem Start beantragter Vorhaben zu beobachten, die wiederum Finanzierungslücken und drohende Arbeitslosigkeit bei wissenschaftlichem Personal nach sich ziehen. Andererseits werden ganze Förderbekanntmachungen zurückgezogen, wodurch selbst bereits fristgerecht eingereichte Anträge ihrer Grundlage beraubt werden. Neben kleineren Programmen wie bspw. das Technologietransfer-Programm LEICHTBAU ist die massive Kürzung im Bereich der Batterieforschung hervorzuheben, die beachtliche 75% beträgt. Im Bereich Wasserstoff wurden indes keine Kürzungen vorgenommen. Der FA Forschung erwartet daher, dass die Bedeutung von Wasserstofftechnologien für die Forschungsförderung als auch für die Industriebetriebe mittel- und langfristig zunehmen wird. Nichtsdestotrotz steigt der Wettbewerb um Drittmittel an den Forschungseinrichtungen, die z.T. bereits gezwungen sind, ihr Forschungsprofil an der Verfügbarkeit von spezifischen Förderprogrammen auszurichten.