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Vortrag in der BG-Sachsen: Was wächst denn da? Verkeimungen und Biofilme erkennen und vermeiden

Zum Treffen der Bezirksgruppe Sachsen am 22.06.2023 an der TU Chemnitz begrüßten die Leiterin Marion Regal und die Zuhörerschaft Herrn Alois Kinateder als Referenten von der GusChem – G & S. Philipp Chemische Produkte Vertriebs-Gesellschaft. Kinateder verfügt über einen großen praktischen Erfahrungsschatz, den er als langjähriger Betriebsleiter in Galvanikbetrieben erworben hat. Seit 2012 ist er für die GusChem tätig. Schwerpunkt der GusChem ist die langfristige Verhinderung von Mikroorganismenbefall, vollständige Anlagenreinigung sowie die Abwasserbehandlung.

Der Vortrag von Kinateder umfasste eine große Bandbreite: vom Stammbaum der Mikroorganismen bis zu den Strategien zur Vermeidung einer neuen Verkeimung der Anlage. Eine Anlage wird meist von einer Gemeinschaft aus einer Vielzahl an Mikroorganismen (Mikrobiom) befallen, erkenntlich anhand der Ausbildung eines schmierigen Films an Wandungen von Behältern, Dichtungen und Rohrleitungen. Dieser Film wird als extrazelluläre polymere Substanz (EPS) bezeichnet und kann von wenigen µm bis zu mehreren cm Dicke in Extremfällen umfassen. Diese EPS schützt die Mikroorganismen vor Austrocknung und Reinigungsmitteln. Verzögerungen bei der Ausbildung des Biofilms in Systemen ist normal, da die Mikroorganismen häufig bereits inaktiv vorhanden sind. Erst äußere Umwelteinflüsse aktivieren zu einem Zeitpunkt X die exponentielle Vermehrung der Mikroorganismen. Das können der Eintrag von Nährstoffen und, wie in vielen Anlagen typisch, eine Betriebstemperatur von 30…40 °C sein. Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass besonders neue Anlagen schneller einen Aufwuchs von Mikroorganismen aufweisen als länger im Betrieb befindliche. Hier ist der Eintrag von Mikronährstoffen in Form von Weichmachern aus Kunststoffen als Ursache bekannt. Gute Wachstumsbedingungen finden Mikroorganismen auf rauen Oberflächen, in nicht genutzten Rohrleitungen, bei geringen Durchflussgeschwindigkeiten oder durch Lichteinwirkung. Großen Einfluss auf die Biofilmbildung haben auch die verwendeten Werkstoffe.

Das Aufwachsen des Biofilms umfasst mehrere Stadien und meist fällt dieser erst negativ durch die Ablösung von Biofilmbestandteilen auf. Das betrifft ca. 10 % der gesamten biologischen Masse im Gesamtsystem. Kinateder zeigte den Teilnehmern Beispiele aus der Praxis und erläuterte, wie biologische Bestandteile u. a. in Metallschichten, zum Beispiel bei der Verchromung, eingebaut werden können und zu Fehlern in der abgeschiedenen Schicht führen.

Kinateder nannte eine Reihe von Maßnahmen und Strategien, um dieser Thematik beizukommen. Diese können je nach Prozess und Möglichkeit der Anlage sehr unterschiedlich ausfallen. Eine Möglichkeit besteht darin, das gesamte System auf 60°C aufzuheizen, um die Mikroorganismen abzutöten. Hier muss sichergestellt sein, dass dies überall im Gesamtsystem gewährleistet ist (Beachtung der verbauten Werkstoffe). Weitere Möglichkeiten wären eine vollständige Systemreinigung mit Reinigern, starken Säuren und Laugen oder der kurzfristige Einsatz von Biozid in hohen Mengen. Letzteres empfiehlt sich allerdings nur bei geringem Befall und der Abwesenheit starker Verkrustungen.

Im Anschluss empfiehlt es sich, eine Reinfektion der Anlage zu vermeiden, beispielsweise durch einen turnusmäßigen Reinigungszyklus, Minimierung der Nährstoffquellen, regelmäßigem Austausch von Dichtungen und Silikonschläuchen, Rückbau ungenutzter Rohrleitungssysteme, eine automatisierte Biozidnachdosierung und die Vermeidung von anaeroben Zonen in der Anlage. Gemäß seiner Erfahrung, so Kinateder, sei die Kombination von UV-Lampen und Kreislaufsystemen keine gewinnbringende Strategie.

Die BG Sachsen bedankte sich bei Kinateder für den spannenden Vortrag und die Einblicke in die Praxis.