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44. Ulmer Gespräch - Forum für Oberflächentechnik: Nachbericht zu den Highlights der Veranstaltung

Das Ulmer Gespräch fand in diesem Jahr am 24./25. Mai erstmals im Hotel Maritim in Ulm statt. Das unter dem Leitthema „Messen, Steuern, Regeln“ zusammengefasste Vortragsprogramm stieß auf sehr gute Resonanz.

Die vielfältigen und hochkarätigen Vorträge zogen die Zuhörer in ihren Bann.

Das 44. Ulmer Gespräch behandelte unter dem Motto „Messen – Steuern – Regeln“ ganzheitlich den Galvanoprozess mit den einzelnen Aspekten der Digitalisierung, der Automatisierung und hierbei das Zusammenwirken von Mensch und Maschine, aktuelle und neue Inline- und Offline- Analytik und letztlich die Qualitätssicherung in Verbindung mit der Regelungstechnik.

Das Thema der diesjährigen Veranstaltung adressierte auch einen wesentlichen Teil der laufenden Transformation der Galvano- und Oberflächentechnik, also insbesondere die Digitalisierung und Vernetzung innerhalb der Liefer- und Wertschöpfungskette wie auch die Einführung neuartiger Prozesse und Produkte und die Optimierung bewährter Verfahren.

Datengewinnung und -nutzung

In der Halbleiterindustrie werden deutlich mehr galvanotechnische Prozessparameter analysiert, als beispielsweise in einer Lohngalvanik. Mit Blick auf die voranschreitende Digitalisierung wurden daher typische Anwendungsbeispiele für die chemische Kupfer- und Nickelabscheidung in der Halbleiterindustrie diskutiert und auf deren prozesstechnische Herausforderungen eingegangen. Als wichtige Aspekte wurden die genaue Analyse der chemischen Badzusammensetzung, der Abscheideparameter sowie die statistische Prozesskontrolle (SPC) herausgestellt, um einen stabilen Abscheideprozess in sehr engen Spezifikationsgrenzen mit hohen Ausbeuten zu gewährleisten. Zudem wurde der Einsatz verschiedener Methoden zur Datenanalyse wie KI oder Machine Learning diskutiert. Zu deren erfolgreichen Nutzung sind grundsätzlich verschiedene Voraussetzung zu erfüllen: die Verfügbarkeit großer Datenmengen einschließlich der Erschließung bislang unstrukturierter Daten, die Transparenz von Algorithmen, die Qualifizierung der Mitarbeiter hinsichtlich KI sowie die Kombination künstlicher mit menschlicher Intelligenz. Zudem benötigt ein Machine Learning Modell stets ein vom Mensch begleitetes Training, um bei anschließenden Analysen unbekannter Daten überhaupt Zusammenhänge finden zu können.

Automatisierung und Robotik

Innerhalb dieses Themenblocks wurde diskutiert, wie Mensch und Maschine in der Galvanotechnik effektiv als Teamplayer zusammenarbeiten können. Die Forschung und Entwicklung in diesem Bereich zielt darauf ab, die Expertise und Bedürfnisse des Menschen weiterhin zu berücksichtigen. Kognitive Fähigkeiten wie komplexes Problemlösen und Entscheiden spielen eine wichtige Rolle bei der menschzentrierten Gestaltung von cyber-physischen Systemen (CPS) in der Produktion. Die Integration von menschlicher Expertise und technischen Stärken ermöglicht eine leistungsfähigere, nachhaltigere und flexiblere Arbeitsweise. Es wurden verschiedene Forschungskonzepte wie "Mensch-Maschine-Teaming" vorgestellt und die damit verbundenen Chancen und Herausforderungen diskutiert. Zudem wurden verschiedene Handlingsysteme aus der Automobilzulieferindustrie vorgestellt, die auf sehr kurze Beschichtungszeiten ausgelegt sind und dabei einen minimalen Platzbedarf der Anlagen gewährleisten.

Prozessanalytik

Automatisierte Prozesssteuerungssysteme sind elementare Bestandteile moderner industrieller Anlagen und spielen eine entscheidende Rolle für den technologischen Fortschritt. In mehreren Beiträgen wurden daher vollautomatisierte Systeme für die Badkontrolle und Badnachführung vorgestellt. Metallkonzentrationen sind bspw. bei der Nickelabscheidung über ein vollautomatisches RFA-Online-System steuer- und regelbar. Durch eine Probennahme ohne Vorbereitungsmaßnahmen und der Vernetzung aller Komponenten stehen Messdaten, Statusmeldungen und Alarmierungen des Analysesystems bereits binnen 5 Minuten zur Verfügung. Durch neue Entwicklungen im Bereich der thermometrischen Titration lassen sich alle Badparameter einer Eloxalanlage vom Vorbehandlungs- bis zum Färbeprozess parallel mit einer einzigen Elektrode analysieren und überwachen. Eine sinnvolle Ergänzung zu bewährten Analysenmethoden (Titration, Fotometrie, XRF) ist die Raman-Spektroskopie, mithilfe derer perspektivisch auch organische Additive in Prozessbädern quantitativ bestimmt werden können.

Qualitätssicherung

In einem abschließenden Themenblock wurden verschiedene Prüfungen zur Sicherstellung der dekorativen und funktionalen Anforderungen an galvanische Beschichtungen diskutiert, darunter die 100%-Sichtprüfung verchromter Bauteile auf Oberflächenfehler. Aber auch in diesem Bereich entwickelt sich der Trend in Richtung Prozessautomatisierung und automatisierter Oberflächenprüfung als Alternative zur visuellen Prüfung durch den Menschen. Nichtsdestotrotz haben statistische und nichtstatistische Methoden (u.a. Six Sigma) eine wichtige Bedeutung für die Bewertung der Prozessfähigkeit sowie für die Optimierung galvanischer Prozesse in der Industrie.

SAVE THE DATE: Das 45. Ulmer Gespräch findet am 15./16. Mai 2024 im Stadthaus in Ulm statt.