Abgeschlossene AIF-Projekte

IGF-Vorhaben SePoRa - Forschungsergebnisse nach Projektende

Das IGF-Vorhaben SePoRa - Entwicklung selbstorganisierender Polymerschichtsysteme zur homogenen geometrieunabhängigen Oberflächenbeschichtung komplexer Geometrien für Reinigungsanalysen - endete am 31.12.2022. Die Ergebnisse des Vorhabens werden nachfolgend dargestellt und stehen ebenfalls als PDF zum Download bereit. 

 

 

 

 

 

 

Thema

Entwicklung selbstorganisierender Polymerschichtsysteme zur homogenen geometrieunabhängigen Oberflächenbeschichtung komplexer Geometrien für Reinigungsanalysen - SePoRa

IGF-Vorhaben Nr. 20942 BR/1

Berichtszeitraum

01.12.2019 – 31.12.2022

Forschungsvereinigung

Deutsche Gesellschaft für Galvano- und Oberflächentechnik e.V. - DGO

Forschungseinrichtungen

Forschungsstelle 1:

Fraunhofer IVV Dresden,
Institutsteil Verarbeitungstechnik
Heidelberger Str. 20, 01189 Dresden
Leiter: Prof. Dr.-Ing. Jens-Peter Majschak
Projektleiter: Dr.-Ing. Enrico Fuchs

Forschungsstelle 2:

Leibniz-Institut für Polymerforschung Dresden e.V.
Hohe Straße 6, 01069 Dresden
Leiter: Prof. Dr. Brigitte Voit
Projektleiter: Dr. Petra Uhlmann

Gefördert durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestags

 

Steigende Qualitätsanforderungen an Endprodukte und Prozesse machen branchenübergreifend eine wissenschaftlich fundierte Auslegung und Optimierung von Bauteilreinigungsanlagen, - verfahren, -prozessführung, und Restschmutzdetektionsmethoden notwendig. Hierzu durchgeführte Reinigungsuntersuchungen erfolgen bisher an im realen Fertigungsprozess filmisch verschmutzten Originalteilen oder an im Labor definiert angeschmutzten, speziell zerlegbaren Testbauteilen. In beiden Fällen streuen die Verschmutzungszustände zu Beginn der Reinigungsuntersuchungen enorm (Dicke und Homogenität der Schichten). Sichere Untersuchungsergebnisse sind deshalb unmöglich. Um eine Vielzahl an zeit- und kostenintensiven Reinigungsversuchen zu vermeiden überdimensionieren Anlagenhersteller und -anwender deshalb Reinigungsprozesse sicherheitshalber.

Ziel des Projektes war es selbstorganisierende, fluoreszierende Polymerschichten sowie deren Beschichtungsverfahren als Modellsysteme speziell für homogene filmische Verschmutzungen zu entwickeln. Dies sollte KMU‘s den reproduzierbaren Auftrag geometrieunabhängiger und homogener Testverschmutzungen direkt auf komplexen Bauteilen aus der Fertigung ermöglichen. Damit werden oben genannte Defizite beseitigt und erstmals kostengünstige und aussagekräftige Untersuchungen zur Reinigungswirkung und –effizienz industrieller Bauteilreinigungsanlagen mit einer minimalen Anzahl an Versuchsdurchführungen ermöglicht.

Im Projektverlauf wurden nach Beratung mit dem projektbegleitenden Ausschuss (pbA) nach Auswahl passender Systemkomponenten zunächst industrielle Referenzverschmutzungen untersucht, unter denen final das Korrosionsschutzöl Isotect WSD 212 ausgewählt wurde. Als Substrate wurden im ersten Schritt aluminiumbeschichtete Wafer genutzt, da damit eine schnelle und aussagekräftige Analytik möglich war. Im Weiteren wurden Aluminium und Edelstahlsubstrate verschiedener Oberflächengüte eingesetzt und abschließend wurden die PSS und Referenzverschmutzungen auf eigens hergestellten 3D-Bauteilen aufgebracht. Erwartungsgemäß waren mit den Referenzverschmutzungen auf glatten Wafer-Substraten nur bedingt reproduzierbare einheitliche Schichten mittels Spin-Coaten auftragbar. Isotect zeigte hier die besten Ergebnisse.

Die Eigenschaften der Isotect-Schichten bildeten die Ausgangslage für die zu entwickelnden Polymerschichtsysteme (PSS). Darauf aufbauend wurden hinsichtlich Polarität und Reinigbarkeit angepasste Polymerschichtsysteme in einem iterativen Prozess entwickelt. Diese bestehen aus Copolymeren, die aus Poly(meth)acrylaten mit verschiedenen funktionellen Gruppen synthetisiert wurden. Die Synthese erfolgte zunächst in zwei Schritten - einer kontrollierten radikalischen Polymerisation und der Freisetzung der im ersten Schritt geschützten Carboxy-Haftgruppen. Es wurde ein Baukasten von Polymeren mit unterschiedlicher Haftgruppenanzahl und angepasster Anzahl von hydrophilen und hydrophoben Gruppen hergestellt. Die Polymere wurden nach jedem Syntheseschritt umfassend mittels 1H-NMR Spektroskopie, FTIR-Spektroskopie, Gelpermeationschromatografie und hinsichtlich weiterer Eigenschaften wie Löslichkeit untersucht. Dabei wurden sowohl wichtige Erkenntnisse zur Polymerisation der Comonomere an sich als auch der Freisetzung der Haftgruppen gewonnen. An zwei ausgewählten Polymeren wurde im Verlauf des Projektes der Fluoreszenzfarbstoff DY-405-Amin, ein pyrenbasierter Farbstoff von Dyomics, zur Detektion im vorher ausgewählten spektralen Bereich angebunden. Zur Herstellung der PSS wurde ein Tauchverfahren entwickelt (siehe Abbildung 1), welches im weiteren Projektverlauf auch für vergleichende Untersuchungen mit den Referenzverschmutzungen angewendet wurde. Dieses kann auch mit vereinfachter Laborausstattung durchgeführt werden. Sowohl mit den Referenzver­schmutzungen als auch den PSS wurden in jedem Schritt umfassende Ultraschall-Reinigungsunter­suchungen durchgeführt. Durch die iterative Vorgehensweise bei der Entwicklung der PSS: Synthese – Schichtentwicklung – Reinigungsversuche und Charakterisierung, war es möglich die Polymere an die entsprechenden Vorgaben betreffs Polarität und Reinigbarkeit der Referenzsubstanz sehr gut anzupassen.

Abbildung 1

Insgesamt stand die Reinigbarkeit im Vordergrund, so dass für die systematischen Reinigungsversuche ein PSS mit höherem Kontaktwinkel als bei der Referenzverschmutzung Isotect ausgewählt wurde. In den letzten Monaten des Projektes konnte ein PSS, welches in beiden Vorgaben mit der Referenzverschmutzung übereinstimmte, hergestellt werden. Aus den Untersuchungen zur Schichtbildung und den Reinigungsuntersuchungen konnten Struktur-Eigenschaftsbeziehungen (insbesondere bezüglich der Anzahl und Art der Haftgruppen) extrahiert werden, die in den iterativen Entwicklungsprozess einflossen. Die Auswertung zu den PSS erfolgte am IPF (Projektpartner 2) mittels ellipsometrischer Schichtdickenbestimmung (siehe Abbildung 2c) und vergleichend am IVV (Projektpartner 1) durch fluoreszenztechnische Analyse an den fluoreszierenden PSS. Die Korrelation der ellipsometrisch bestimmten Restschmutzschichtdicke mit der Fluoreszenzintensität war dabei nur bedingt möglich. Während mit Isotect nur µm-dicke relativ uneinheitliche Schichten hergestellt werden konnten, bilden die PSS sehr dünne gleichmäßige Schichten im nm-Bereich, die aufgrund der gleichmäßig verteilten Haftgruppen das Substrat sehr gut benetzen.

Auf glatten Wafersubstraten können mittels Ellipsometrie an den PSS sehr zuverlässig (Rest)Schicht-dicken (siehe Abbildung 2c) bestimmt werden und damit der Verlauf der Reinigung überprüft werden. Solche dünnen Schichten sind mittels Fluoreszenzmesstechnik nur begrenzt zu erfassen. Auf raueren Substraten sind dagegen die Schichtdicken aufgrund der Oberflächenunregelmäßigkeiten höher und können mit der Fluoreszenztechnik sehr gut ermittelt werden, allerdings können hier keine ellipsometrischen Messungen durchgeführt werden. Das war nur an ausgewählten elektropolierten Edelstahl-Proben möglich. Die Fluoreszenzanalyse liefert somit immer relative Werte (in Bezug auf den Ausgangszustand vor der Reinigung) Die Referenzverschmutzungen konnten aufgrund ihrer Uneinheitlichkeit ausschließlich mittels Fluoreszenzanalyse erfasst werden (siehe Abbildung 2b). Für die möglichst einfache Messung und Auswertung mittels Fluoreszenzmesstechnik wurde eine transportable Fotobox mit auf die Messaufgaben abgestimmten Komponenten am IVV gebaut (siehe Abbildung 2a). Die optischen Analysen in den nachfolgenden Arbeitspaketen erfolgten mit dieser transportablen Fotobox. Die in Python programmierte Ansteuerung der Fotobox wurde im Verlauf des Projektes noch verbessert, u.a. wurde die ungleichmäßige weiße Beleuchtung ausgeglichen, indem mehrere Bilder mit unterschiedlichen Belichtungszeiten aufgenommen und per Exposure-Stacking Algorithmus verrechnet und eine benutzerfreundliche Eingabemaske implementiert.

Abbildungen 2a-2c

Zur weiteren Charakterisierung der Schichten wurden am IPF zudem Kontaktwinkelmessungen und unterstützend Untersuchungen von Schichten mit Rasterkraftmikroskopie oder Konfokalmikroskopie durchgeführt.

Die Ergebnisse wurden auf 3D-Modellsubstrate übertragen und zum Nachweis der industriellen Anwendbarkeit in zwei Unternehmen des pbA validiert (siehe Abbildung 3b und c). Dabei wurden vergleichbare Ergebnisse wie in den systematischen Reinigungsuntersuchungen erhalten (siehe Abbildung 3d). Gängige Geometrieformen (siehe Bilder 3D-Bauteil Abbildung 3a) konnten mit den PSS im Tauchverfahren einheitlich beschichtet werden. Abstriche gibt es erst bei sehr tiefen Gewindebohrungen.

Abbildungen 3a-3d

Das Reinigungsverhalten des Polymers wurde somit auf unterschiedlichen Oberflächen und Geometrien getestet und zeigte dabei eine vergleichbare Reinigbarkeit wie die branchentypische Referenzverschmutzung Isotect. Die potentielle Anwendungsbreite des Polymers als Modellanschmutzung ist in technischer Hinsicht sehr hoch, da das Tauchverfahren für alle Teile geeignet erscheint, die eine ähnliche oder einfachere Geometrie haben als das 3D-Testbauteil. Das Polymer ist anpassungsfähig und kann somit für spezifische Anforderungen optimiert werden. Insgesamt lässt sich feststellen, dass das entwickelte PSS aufgrund seiner Eigenschaften vielver­sprechend für Anwendungen in der Reinigungstechnologie ist. Bereits während der Projektlaufzeit wurde ein Großteil der Ergebnisse zu den Polymeren und ein Teil der Schicht und-Reinigungsuntersuchungen in einer chemischen Fachzeitschrift publiziert.[1]

[1] Susanne Höhne, Carolin Böhm, Vincent Eisenrauch, Christian Girsule, Enrico Fuchs, Marc Mauermann and Petra Uhlmann, Polyacrylic Acid Copolymers as Adhesion-Adapted Model Materials for Cleaning Tests, Macromol. Chem. Phys. 2022, 2200309, DOI: 10.1002/macp.202200309

 

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