Jubiläen legen nahe, zurückzublicken. So brachte Prof. Lampke einige Beispiele historischer Geschehnisse, die vor 30 Jahren zur Gründung des LFS Deutschland und die Welt bewegten. Auch Anja Hähle-Posselt, Leiterin der Wirtschaftsförderung der Stadt Leipzig, dachte an 1994 zurück und konzentrierte sich dann in ihrem Grußwort auf die aktuellen Herausforderungen für die Wirtschaft in der Stadt Leipzig.
Markus Geisenberger, Geschäftsführer Leipziger Messe GmbH, betonte in seinem Grußwort, dass Tradition dadurch entsteht, dass man viele Jahre Vieles richtig macht, aber auch an neue Herausforderungen anpasst. “So scheint es, dass die Organisatoren des LFS in diesen Jahren ganz viel richtig gemacht haben. Glückwunsch dazu und machen Sie weiter so”, sagte er.
Christoph Matheis, Geschäftsführer ZVO, überbrachte das Grußwort von ZVO und DGO und stellte heraus, dass das LFS mit 42 Ausstellern und 210 Konferenzteilnehmern einmal mehr seine Stellung als bedeutendste Tagesveranstaltung innerhalb der Galvano- und Oberflächentechnik in Deutschland beweise. Weiter gab er einen kurzen Rückblick auf 30 Jahre Entwicklungsgeschichte des Leipziger Fachseminars. Hervorgegangen aus den Bezirksgruppenveranstaltungen der damaligen Bezirksgruppe Leipzig/Halle wird das Leipziger Fachseminar seit 1994 von den Bezirksgruppen Sachsen und Thüringen gemeinsam organisiert; zunächst als Halbtagesveranstaltung. Aufgrund der guten Resonanz und der historischen Geschichte der Galvanotechnik in Leipzig entwickelte sich das Leipziger Fachseminar aber sehr schnell zu einer Ganztagesveranstaltung von überregionaler Bedeutung.
In 30 Jahren hat sich vieles ver- und geändert: das Leipziger Fachseminar ist geblieben und hat auch die Corona-Delle sehr gut überwunden. Das ist nur möglich mit engagierten Menschen, betonte Matheis. Im Folgenden würdigte Matheis die Gründer: Uwe Spielvogel, Dr. Ulrich Vieweger und Marion Regal. In den folgenden Jahren wuchs das Organisationskomitee und so gehörten: Jens Heinze, Werner Kaßner, Frank Müller, Dr. Franz Krümmling, Dr. Heinz Resch, Dr. Peter Kimmerl, Lutz Scheigenpflug, Dr. Matthias Süß, Jochen Liebert, Dr. Michael Schneider temporär dem Organisationsteam an. Und die Mitstreiter des aktuellen Organisations-Teams: Steffen Zschintzsch, Mathias Fritz, Lutz Scheigenpflug, Marion Regal und Jörg-Andreas Wällnitz, der das Team nun verlässt, haben alle zum dauerhaften Erfolg des LFS beigetragen. Allen gebührt ein herzliches Dankeschön.
Für die langjährigen und nachhaltigen Verdienste in der DGO und insbesondere auch für die jahrzehntelange Mitgestaltung des LFS überreichte Matheis Marion Regal die DGO-Ehrenmitgliedschaft. Damit eröffnete Matheis das 30. LFS und übergab zur Moderation des Tagesprogrammes an Professor Thomas Lampke.
Vergabe des Leipziger Galvanopreises
Im Rahmen des 30. LFS wurde der Leipziger Galvanopreis an Thilo von Vopelius für sein Engagement bei der Gründung und dem Aufbau des Deutschen Museums für Galvanotechnik in Leipzig verliehen. Das Museum besteht in diesem Jahr 15 Jahre und hat sich im Laufe dieser 15 Jahre einen Stellenwert in der Leipziger Museen Landschaft erarbeitet. Vorrangiges Ziel ist, junge Menschen für die Galvanotechnik zu begeistern. Vopelius dankte dem Museumsteam, denn nur im Team konnte der Aufbau des Museums so erreicht werden.
Hochkarätiges und abwechslungsreiches Vortragsprogramm
Das Veranstaltungsprogramm bot wieder abwechslungsreiche Vorträge zu den aktuellen Herausforderungen der Oberflächentechnik.
„Vinylboom und das lange Leben der Schallplatte“ war das Thema des Plenarvortrages von Gunnar Heuschkel, R.A.N.D.Muzik GbR. Zunächst nannte Heuschkel zeitgeschichtliche Meilensteine bei der Entwicklung der Schallplatte. In den 1980iger Jahren erlebte die Plattenproduktion ihren Höhepunkt mit der Produktion von ca. einer Mrd. Platten weltweit und der Entwicklung des DMM-Verfahrens. Aber 1983 fand die Markteinführung de CD statt und das führte dazu, dass Schallplatten stark an Bedeutung verloren. In den 2010er Jahren begann die Rückkehr der Platte auf den Markt mit jährlich steigenden Produktionsmengen. Musikliebhaber haben die Schallplatte wiederentdeckt: Schallplatten faszinieren durch ihren warmen Klang, ihre Haptik, ihrem einzigartigen Artwork, ihrer Langlebigkeit. Im Jahr 2024 wurden weltweit wieder 160 Mio. Platten hergestellt.
Im zweiten Teil des Vortrages erläuterte Heuschkel die beiden Technologien zum Herstellen einer Schallplatte: die Vater-Mutter-Sohn-Technologie (Ausgangspunkt: mit PVC beschichtete Al-Ronde) und die DMM-Technologie (Edelstahlronde). Beide Technologien werden noch eingesetzt, wobei in den letzten drei Jahren vermehrt ein Umstieg auf die DMM-Technologie zu verzeichnen ist, da es nur noch einen Hersteller von Lacquers weltweit gibt.
Robert Lassak, MacDermid Enthone Indiustrial Solutions, übernahm den Vortrag zum Thema "Nachhaltigkeitsaspekte bei Versiegelungen“ in Vertretung für den erkrankten Dr. Michael Schem. Die Nachfrage nach Produkten mit verbesserter Umweltbilanz steigt beständig. Lassak stellte eine Versiegelung für Korrosionsschutzanwendungen vor, die zu wesentlichen Anteilen aus biobasierten Rohstoffen hergestellt wird, wobei der Bioanteil > 60% beträgt. Mit dieser Versiegelung konnten gute Korrosionsschutzwerte erreicht und eine gute Optik erzielt werden. Unabhängig von der Konzentration liegt die Gesamtreibung bei 0,1 bis 0,15.
Im Vortrag von Dennis Stritter, Atotech Deutschland GmbH / MKS Instruments, wurde die elektrische und mechanische Optimierung von verschraubten Stromschienenverbindungen betrachtet. Bei den Untersuchungen lag der Fokus auf der Stromschienenkompatibilität und den Schraubkontakten. In Zusammenarbeit mit einem Schraubenhersteller wurde eine Testapparatur entwickelt, um den elektrischen Widerstand von Schraubverbindungen präzise zu analysieren. Es wurden verschiedene Beschichtungen, Passivierungen und Versiegelungen hinsichtlich ihrer Eignung zur Optimierung der Leitfähigkeit untersucht. Die Ergebnisse liefern Erkenntnisse für die Optimierung von Kontaktierungsoberflächen im Antriebsstrang von Elektrofahrzeugen.
Interessante Anwendungsmöglichkeiten von Leiterplatten stellte Dr. Andreas Ostmann, Fraunhofer IZM, in seinen Ausführungen vor. Elektronische Pillen mit sensorischen Funktionen sind ein wichtiges Diagnoseinstrument für den Magen-Darm-Trakt. Er informierte über Pillen zur Diagnose und zur Therapie. Die heutigen elektronischen Komponenten und Verbindungstechnologie bieten verschiedene Herstellungsverfahren für elektronische Pillen. Die Einbettung von Komponenten in Leiterplattenstrukturen ermöglicht die Realisierung von modularen Pillen-Mikrosystemen. Im Weiteren erläuterte er den Aufbau von Pillen-Mikrosystemen und stellte einige interessante Projektbeispiele vor. Elektronische Pillen mit präziser Wirkstoff-Dosierung können helfen, Medikamentenmengen zu reduzieren.
Im gemeinsamen Vortrag von Dr. Elke Spahn, Gravitech Gesellschaft für Analysentechnik mbH, und Dr. Markus Guttmann, Karlsruher Institut für Technologie, Institut für Mikrostrukturtechnik, ging es um die Titration, die in der Oberflächentechnik für viele regelmäßige analytische Überwachungen eingesetzt wird. Die Referenten arbeiteten die Vorzüge der gravimetrischen Titration gegenüber der volumetrischen Titration durch den Einsatz des „alino®“ heraus. Das ursprüngliche Ressentiment am Institut in Karlsruhe zum Einsatz der Gravimeitrie konnte durch die Fa. Gravitech vollends beseitigt werden. Am KIT konnte die Skepsis in Aha-Effekte umgewandelt werden und führte zu einer Methodenentwicklung. Beide Referenten demonstrierten in einem kurzweiligen Vortrag den Werdegang des Umdenkens am KIT und den erfolgreichen Einzug dieser Analysenmethode für Routineaufgaben.
Jörg Zimmermann, GAZIMA Galvanische Veredlung Zimmermann GmbH, widmete seine Ausführungen einem immer aktuellen Thema in der Galvanotechnik: Effektiver Brandschutz. Die Statistik zeigt, dass es in Betrieben der Oberflächentechnik zwischen 70-80 Bränden mit Schadensbildern oberhalb von 0,5 Mio. € pro Jahr gibt. Nicht nur der Betrieb, sondern auch die Umwelt ist von diesen Ereignissen betroffen. Es gilt Brand- und Gefahrenquellen in der Galvanik zu minimieren. Er informierte über Brandursachen, Schadensfolgen und Schutzmaßnahmen.
Zimmermann empfiehlt vorbeugend, die Zusammenarbeit mit der örtlichen Feuerwehr zu suchen. Für den Ernstfall können im Vorfeld wichtige Punkte abgestimmt werden, damit Informationen über das Gefährdungspotential vorliegen.
Bzgl. der Versicherung von galvanischen Betrieben bat Zimmernann die DGO, hier vermittelnd einzugreifen. Es müssen Wege gefunden werden, dass Galvaniken versicherbar bleiben.
Den letzten Vortrag des Tages bildeten Informationen zur Wärmerückgewinnung (WRG) als Maßnahme im Rahmen des Energieeffizienzgesetzes (EnEfG) von Johannes Flore, Calorplast Wärmetechnik GmbH. Flore gab einen Überblick über das EnEfG und zeigte auf, warum dieses Gesetz für die Galvanikindustrie von großer Bedeutung ist und welche spezifischen Anforderungen auf Galvaniken zukommen. Speziell sprach er die WRG aus der Abluft an. In einer Abluft-WRG mit Kreislaufverbundsystem können 50-70% der Abwärme in der Abluft zurückgeführt werden. Die Amortisationszeiten einer WRG liegen mit 1-5 Jahren deutlich unter der Nutzungsdauer einer Anlage.
Ein ganz besonderes Dankeschön gebührt den beiden Moderatoren Professor Thomas Lampke und Dr. Olaf Boehnke, Technische Sachverständige, für ihre wieder treffliche Moderation sowie den 42 Ausstellern und den Referenten.
Damit den Teilnehmern das 30. LFS in besonderer Erinnerung bleibt, erhielten alle eine Flexi Disc (Kleine Schallplatte) mit der Fuge in d-Moll von Johann Sebastian Bach und dem Logo des Leipziger Fachseminars. Auch die Brownies zur Kaffeepause waren mit dem Logo verziert.
Nach dem Fachseminar ist vor dem Fachseminar, so auch in diesem Jahr. In 2026 wird das LFS am 03.03.2026 stattfinden. Alle sind dafür hiermit schon jetzt herzliche eingeladen.